Ausschnitt aus meinem Vorschlag für das Münsteraner Evangeliar

Münster Evangeliar 2019 – der etwas andere Wettbewerb

Ich bin im Designtagebuch auf das Münster Evangeliar aufmerksam geworden. Es ist der Wettbewerb zur Gestaltung des neuen Evangeliars für das Bistum Münster. Eingeladen waren alle Kreativen: Designer, Künstler, Maler … Zu Ehren des 50. Bischöflichen Künstlertreffens 2019 veranstaltete das Bistum Münster diesen interessanten Wettbewerb. Um es vorweg zu nehmen: meine Arbeit wurde nicht prämiert (mehr dazu hier). Nichts desto trotz ist es eine sehr bedeutende Arbeit für mich. Mehr dazu lest Ihr hier:

Die Aufgabe: eine zeitgenössische künstlerische Gestaltung für den katholischen Blockbuster

Aber was ist denn eigentlich ein Evangeliar? Laut Wikipedia ist ein Evangeliar ein Text-/Bildwerk. Hierin finden sich die Schriften der vier Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes zusammengefasst. Und zwar im Neuen Testament. Diese sogenannten Codizes sind nicht nur kunstvoll sondern oft auch opulent illustriert. Umberto Ecos Roman „der Name der Rose“ beschreibt eindrucksvoll die Arbeit im Scriptorium: eine Art spätantiker Redaktion und Schreibmanufaktur (vor Gutenberg – nein nicht der WP-Prozessor) in den mittelalterlichen Klöstern.

Ich habe mit meinem Beitrag aber bei dem Aspekt „zeitgenössisch“ angesetzt. Denn ich will letzten Endes die großen Themen des Neuen Testamentes in die Gegenwart übersetzen. Grundsätzlich sollte die katholische Kirche hier einen neuen Ansatz finden. Gerade in Zeiten der MHG-Studie ist sie auf eine klare, offene Kommunikation angewiesen. Und vor allem sollte sie auch proaktiv Probleme benennen und angehen. Kirchenaustritte und Glaubensverdruss kommen folglich nicht von ungefähr.

Post-Popart und Kirchenfensteroptik für das Münster Evangeliar

Titel geschlossen für das Münsteraner Evangeliar, Sonderform mit kreisrunder Stanze

Und hierbei spielt aktuelles Design und moderne Gestaltung eine große Rolle. Mein Ansatz ist daher ein zeitgemäßer: Provokative Post-Popart in Verbindung mit der Optik von klassischen Kirchenfenstern. Außerdem darf es bei mir ruhig auch farbenfroh werden. Dabei spiele ich beim Titel mit zwei zentralen Objekten der kirchlichen Zeremonie: Kelch und Hostie – hier formal gelöst durch eine runde Stanze und die lineare Andeutung des Kelches. Es vibriert optisch. Als Materialien stelle ich mir vor: Offene Fadenheftung, Stanze, partielle Lackierung, Sonderformate, Naturpapiere etc. Für uns Designer und Illustratoren ein (Wunsch-)Traum!

Es ist mir wichtig, die elementaren Themen abzubilden. Das geht nur über die zielgerichtete Ansprache: modern, offen, ehrlich und vor allem selbstkritisch.

Titel offen für das Münsteraner Evangeliar, Sonderform mit kreisrunder Stanze

Das zentrale Motiv

Mein Motiv der Kreuzigung ist ein Zitat nach dem gleichnamigen Gemälde des dänischen Malers Carl Heinrich Bloch. Natürlich erzähle ich hier die Geschichte der Kreuzigung aus meiner Sicht und verdichte sie auf drei Personen.

Und der Inhalt?

… ist über 2.000 Jahre alt, aber immer noch brandaktuell: Also was denkt Ihr über Themen wie Migration, Terrorismus im Namen des Glaubens, Gleichstellung von Mann und Frau, Nächstenliebe, Liebe, Menschlichkeit, Diversität, Hummus und die Bergpredigt? Ist das für Euch ein Thema oder geht Euch das am A**** vorbei?

Innenseite/Vorschaltseite geschlossen für das Münsteraner Evangeliar

Typografisch für alles bereit

Zur Typographie: als Satzschrift setze ich die Helvetica Now ein. Sie ist die Neu-Interpretation des All-Time-Klassikers Helvetica. Vor allem in kleinen Schriftgraden und ebenso in digitalen Medien funktioniert sie hervorragend. Helvetica ist eine der weltweit am häufigsten eingesetzten Schriften. Sie ist tatsächlich universal wie die Botschaft, die sie im Evangeliar verbreiten soll. Darüber hinaus sollen vereinzelt farbenfrohe Piktogramme den Text illustrieren. Insoweit stelle ich meine Arbeit in die Tradition der althergebrachten Evangeliare – allerdings mit meinem modernen Illustrationsstil.

Exemplarische Innenseite offen für das Münsteraner Evangeliar

Niemand wird katholisch geboren

Katholisch sein ist für mich durchaus eine zweischneidige Angelegenheit. Einerseits sehe ich die gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Errungenschaften. Aber auf der anderen Seite fühle ich allerdings oft ein großes Fragezeichen …

Münster Evangeliar Apperel – T-Shirt mit Kreuzigungsmotiv und Tasche mit Bergpredigt Icon sowie Wortmarke

Unter den ersten 25

Immerhin hat es mein Beitrag unter die ersten 25 geschafft – siehe nächstes Bild. Dafür ein besonderes Dankeschön an die Jury des Wettbewerbs. Ich weiß leider nicht, wie groß die Teilnehmerzahl war. Ich schätze mal, dass meine Arbeit für die Zielgruppe etwas zu progressiv und farbenfroh war. Aber das ist mein Stil und das ist gut so.

Meine Seite im Wettbewerbs-Katalog zum Münster Evangeliar